Außer-Haus-Verpflegung: Was tun im Krisenfall?

Rettungsring

30 bis 40 – das ist der durchschnittliche Zahlenbereich verschiedener Krisenszenarien, die Fach- und Führungskräfte sowie QM- und Hygienebeauftragte aus den Bereichen Care, Gemeinschaftsverpflegung sowie Hotellerie und Gastronomie zusammen mit uns beim intensiven Brainstorming im Seminar „Krisenmanagement“ zusammentragen. Das ist weitaus mehr, als man im ersten Moment vermutet. Welche Bedeutung solchen Notfallplänen zukommt, haben mannigfache Vorkommnisse in den letzten Jahren gezeigt. Spätestens die COVID-19-Pandemie hat offenbart, wie gut oder wie schlecht man in seinem Betrieb auf Notfälle vorbereitet ist.

Dummy

Krisen können sehr vielfältig sein

Die Menge und die Arten der Krisen unterscheiden sich individuell von Betrieb zu Betrieb. Aspekte wie die Betriebsform, die geografische Lage, die technischen Anlagen im Gebäude oder die bestehenden Infra- und Prozessstrukturen bedingen ganz unterschiedliche Szenarien. Von Einzelschicksalen wie dem Ausfall des Aufzugs oder der Kühlzelle in einer Einrichtung bis zu großen Katastrophenfällen, wie das Abgeschnittensein von der Strom- und/oder Trinkwasserversorgung ganzer Stadtteile bis hin zu pandemischen Infektionsverbreitungen und internationalen Transportkettenunterbrechungen – die Fälle sind so vielfältig wie auch unterschiedlich komplex.

Notfallpläne

Krisennotfallplan – ein Kann oder ein Muss?

Für alle gleich ist jedoch: einen Notfallplan für mindestens den wahrscheinlichsten Krisenfall sollte man vorlegen können, noch bevor die jeweilige Krise eintritt. Zum Teil schreiben Regelungen das Treffen von Notfallvorkehrungen bereits explizit vor. So zum Beispiel die überarbeitete national gültige Hygiene-Leitlinie für Soziale Einrichtungen und Dienste von 2022, die das Vorliegen eines Konzeptes für Notfallvorkehrungen in sozialen Einrichtungen und Diensten einfordert.

Ebenso schreibt der auf europäischer Ebene geltende EU-Leitfaden „Managementsysteme für Lebensmittelsicherheit“  Präventions- und Notfallvorkehrungen in Lebensmittelunternehmen vor.

Dummy

Aber auch das Bundesgesundheitsministerium ergänzt in seiner Bekanntmachung aus dem Jahr 2022 die Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität, Qualitätssicherung und Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements (MuGs) um die Vorgabe, dass stationäre Pflegeeinrichtungen gegen die folgenden fünf Krisenszenarien gewappnet sein müssen: anhaltende Stromausfälle, Brände, Bombenfunde, Unwetter/Naturkatastrophen und Pandemien.

Dass besonders Care-Einrichtungen solchen Vorgaben unterworfen sind, liegt daran, dass diese den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Bewohner und Patienten gewährleisten müssen. Doch auch für Gastronomien und Hotels empfiehlt sich die Ausarbeitung eines Notfallplans. Zwar können Gäste, je nach Szenario, auf andere Anbieter ausweichen – wenn Gäste jedoch nicht wie gewohnt versorgt oder beherbergt werden, kann dies einen wirtschaftlichen Schaden oder Imageeinbußen für den Betrieb mit sich ziehen.

Dummy

Was ist bei der Erstellung eines Notfallplans zu beachten?

Bevor ein Notfallplan erstellt wird, ist zunächst zu überlegen, welche Notfallszenarien für den einzelnen Betrieb am ehesten zu erwarten sind – zum Beispiel ist die Gefahr eines Hochwassers bei einem Betrieb in der Nähe eines Flusses viel höher als bei einem, der in einem sehr bergigen Gebiet liegt. Mit einem Strom- oder Trinkwasserausfall muss dagegen überall gerechnet werden. Krisenkonzepte können nicht nur für die Küche alleine entwickelt, sondern sollten immer mit allen Bereichen des Hauses zusammen abgestimmt werden, da meistens auch andere Bereiche von größeren oder kleineren Krisen in der Küche betroffen sind.

Zugleich sollte sich in der Einrichtung erkundigt werden, ob eventuell bereits Notfallpläne bestehen bzw. ob diese gegebenenfalls überarbeitet werden müssen. Ansonsten gilt: Für priorisierte Gefahrenszenarien sollte bzw. – je nach Regelung – muss überlegt werden, wie die Speisen- und Getränkeversorgung in den Betrieben bestmöglich aufrechterhalten werden kann. Nicht selten wird die Bedeutung einer Notstromversorgung für die Küche übersehen – dabei ist diese neben den Fachkräften das elementare Herzstück für die Gewährleistung einer Nahrungsmittelversorgung.

Wasservorrat

Wie man sich am besten im Hinblick auf die Lebensmittelversorgung für den Ernstfall vorbereitet, hängt stark vom jeweiligen Szenario ab:

Besteht keine Trinkwasserversorgung, ist es notwendig, auf ausreichend Wasser- und weitere Getränkeflaschen zurückgreifen zu können. Ebenso sind Speisen einzuplanen, bei deren Zubereitung kein Trinkwasser benötigt wird. Besonders in Pflege-Einrichtungen und Krankenhäusern ist auch dann die Gewährleistung einer fortwährenden Versorgung auch auf Basis diätetischer Ernährungsformen unerlässlich.

Bricht die Stromversorgung ab, hat das weitreichende Folgen – vom Ausfall aller technischen Koch- und Kühlgerätschaften sowie die Unterbrechung der technisch-vermittelten Kommunikation über Schwierigkeiten beim Transport von Lebensmitteln über verschiedene Etagen im Haus hinweg bis hin zu Verspätungen oder dem Ausfall von Lebensmittellieferungen. All diese Eventualitäten sind aufzugreifen und in den Notfallplan mit entsprechenden Lösungsansätzen aufzunehmen.

THW

Tipps, um bestmöglich für den Notfall gewappnet zu sein

  • Kooperationsmöglichkeiten im Vorfeld abklären

Es empfiehlt sich, im Vorfeld Kooperationsmöglichkeiten über das Technische Hilfswerk oder Partner-Einrichtungen abzuklären. Besonders bei großen Trägern ist es praktisch, in der Region ein Partnerhaus zu finden, das im Notfall unterstützend zur Seite stehen kann. Auch die kurzfristige Anmietung von Transportbehältern kann relevant sein, um in der Lage zu sein, Lebensmittel und Gegenstände von einem Versorger-Haus in die eigene Einrichtung zu befördern.

 

  • Gefahren frühzeitig erkennen und angehen

Je früher beispielsweise Infektionskrankheiten erkannt werden, desto eher kann ein übergreifender Ausbruch auf ein gesamtes Haus eingedämmt werden. Hier ist es wichtig, so frühzeitig wie möglich interne Vorgaben umzusetzen und Kontakt mit dem Gesundheitsamt aufzunehmen.

 

  • Unangekündigter Probetag

Analog zu einer Brandschutzübung ist das vorherige Proben für den Ernstfall die beste Methode, um die Realisierbarkeit der Pläne und das Vorbereitet-sein aller Beteiligten zu überprüfen. Damit die Voraussetzungen exakt wie im Notfall sind, sollte die Übung unangekündigt stattfinden. Im Anschluss an den Probetag können Schwachstellen herausgearbeitet, das Konzept optimiert oder gegebenenfalls Schulungen veranlasst werden.

Erreichbarkeit in Krisensituationen
  • Kommunikation

Kommunikation ist ein Schlüsselelement bei der Steuerung von Prozessen. Der Informationsfluss muss über alle Ebenen innerhalb des Hauses und nach außen (zum Beispiel zu den Angehörigen der Bewohner) sichergestellt sein. Daher muss im Konzept genau festgehalten werden, wie man die Kommunikation im Falle einer Krise steuert.

 

  • Lebensmittel

Grundsätzlich empfiehlt sich die Ausarbeitung von Notfallspeisenplänen für kalte und warme Speisen. Immer sinnvoll ist auch die Einrichtung eines gewissen Trinkwasser- sowie Speisenvorrats. Für Letzteres eignen sich große Dosen mit haltbarer Nahrung, deren Inhalt bereits vorgekocht ist und bestenfalls auch kalt verzehrt werden kann, ideal zur Bevorratung. Es sollte jedoch möglich sein, die Bestände vor Ablaufdatum auch in den aktuellen Speiseplan integrieren zu können. Ebenso müssen die Lagerkapazitäten bedacht werden. In Fällen von Fachkraftausfällen bieten Convenience-Angebote wie jene von HI TASTE eine praktische Lösung.

So sehr man sich auch wünscht, dass der Notfall nicht eintritt, so bedeutend ist es dennoch guten Gewissens für den Fall der Fälle gewappnet zu sein. Denn wie schnell und unverhofft er eintreten kann, wissen wir alle leider zu gut. Wichtig ist daher ein bis ins letzte Detail durchdachter, ausgereifter Management-Ansatz. Individuelle, auf Ihre Einrichtung zugeschnittene Lösungsansätze erarbeiten wir mit Ihnen gern gemeinsam in unserem Seminar „Krisenmanagement“.

Martina Walter-Kunkel
Über unsere Autoren
Martina Walter-Kunkel

Wenn es um Themen wie Hygiene, Krisenmanagement, passierte und pürierte Kost oder vegane Ernährung geht, ist Martina Walter-Kunkel sofort zur Stelle. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung – sowohl in der Praxis, als auch in der Theorie – ist sie eine echte Expertin auf vielen Gebieten. Seit 2010 steht sie nun der CHEFS CULINAR Akademie zur Seite und hilft mit ihrem großen Erfahrungsschatz und ihren speziellen Kenntnissen in der Seniorenverpflegung, der Schulverpflegung und im Bereich der vollwertigen, vegetarischen und veganen Ernährung. 

Unser Autor Stefan Vornehm
Über unsere Autoren
Stefan Vornehm

Seit 1997 gibt Stefan Vornehm zu den Themen EU-Zulassungen, HACCP, Hygiene- und Qualitätsmanagement sein Wissen in der CHEFS CULINAR Akademie weiter. Seine Palette reicht von Inhouse-Schulungen zur Lebensmittelhygiene-Verordnung und Belehrungen nach Infektionsschutzgesetz über Seminare und Fachvorträge bis hin zur Ausbildung von HACCP- und Hygienebeauftragten.